Über Trends und Menschen

Heute Abend war ich zu Gast beim ersten "trendtalk" von Walter Matthias Kunze, Gründer und Chef von trendquest. Zur Debatte standen politische und gesellschaftliche Trends und die spannenden Gespräche, die ich heute mit Christoph Kappes und Claudius Holler geführt habe, veranlassen mich zu ein paar Gedanken zu "Trends", "Gesellschaft", "Politik" und natürlich: "Medien" - mal wieder mit dem Ergebnis, dass wir selber die Welt bestimmen, in der wir leben wollen.

Trends

 

Was ist ein Trend? Können Trends gesetzt werden? Ich bin der Meinung, Trends entstehen als kurze Zwischenstation zwischen einem menschlichen Bedürfnis und Normalität. Ein Trend ist stets etwas Neues, eine Veränderung, eine Erfindung. Eine Erfindung, die aus einem dringenden Wunsch entstanden ist, ein Problem zu lösen oder eine Änderung herbeizuführen: Die industrielle Revolution genauso wie das Internet oder die Occupy-Bewegung. Löst die Erfindung das Problem, verbreitet sie sich und wird kurzzeitig zum Trend - bis sie zur Normalität wird und dann so verankert in der Gesellschaft ist, dass sie in der Lage ist das Verhalten der Gesellschaft nachhaltig zu verändern: Die industrielle Revolution genauso wie das Internet. Welche Ergebnisse die Occupy-Bewegung als Resultat des Bedürfnisses nach mehr Gerechtigkeit zutage fördern wird, bleibt noch abzuwarten. Wenn Marketing-Experten Trends setzen wollen, müssen sie sich mit den Menschen beschäftigen - nicht mit den technischen Möglichkeiten.

 

Gesellschaft

 

Was treibt Menschen als Teil der Gesellschaft an, Veränderungen zu ersehnen oder herbeizuführen? Einige Veränderungswünsche sind offensichtlich, wie der Wunsch nach mehr Demokratie in Nordafrika. Wir hier in Deutschland haben es eher mit Luxusproblemen zu tun und entsprechend sind auch unsere Erfindungen: auf höchstem technologischen Niveau, um das Leben noch einfacher, schneller oder bequemer zu gestalten. Das ist nicht falsch, nur ein Ausdruck unserer Gesellschaft. Wir können die grundlegenden Probleme der Welt hier nicht lösen, weil wir kein dringendes Bedürfnis haben, Welthunger zu stoppen oder den ewigen Weltfrieden herbeizuführen. Nach Maslow´schen Bedürfnispyramide ist das nur menschlich: Uns geht es so gut, dass wir Gelegenheit und Zeit haben, um uns technischen Fortschritt zu bemühen, der beispielsweise unsere Umwelt schützt. (Das ist eine steile These, das ist mir klar. Dabei bin ich selber so umweltschonend, wie es geht.) Wir sind nicht besonders stark in der Occupy-Bewegung. Wir beschäftigen uns mit Sport, den Petitessen unseres Bundespräsidenten, der sich - jetzt mal ehrlich - im Vergleich zu anderen Staatsmännern maximal ein paar Faux Pas geleistet hat, wir debattieren über Netzpolitik und Kreuzfahrtkapitäne. Wir haben nichts besseres zu tun. Zeig mir Deine Trends und ich sage Dir, wie es Dir geht. Einer verwöhnten Gesellschaft wie uns Smartphones als Trend zu verkaufen, ist einfach. Gleichzeitig sind da die subtileren Trends wie die Sehnsucht nach Stabilität, Zuverlässigkeit, Zeit und Ehrlichkeit - Darauf setzen im Marketing insbesondere die Finanz- und Lebensmittelbranche. 

 

Politik

 

"Die Politiker sollten..." - Verdrossenheit, Misstrauen, Fehlerintoleranz, Rückgratsverlust. So beschreiben die meisten Menschen Ihr Verhältnis zur Politik und ihren Akteuren. Auch hier stelle ich die Frage: Woher kommt es, dass wir diese Akteure haben? Sind nicht auch sie Resultat unserer Wahl? Unserer Erwartungen, uns konkrete Versprechen zu geben, damit wir sie wählen? Sind wir in der Lage, einem Menschen politische Macht zu übergeben, der uns ehrlich sagt, dass er nicht weiß, ob er es schafft, unsere echten Probleme zu lösen? Sind wir in der Lage, einen Menschen anzuerkennen, der in komplexen Systemen Fehler macht? Jedes Land hat die Regierung, die es verdient, zumindest in demokratischen Systemen. Die Gesellschaft hat es in der Hand, wer sie regiert, welchen Ideale sie folgen wollen und wie viel Einfluss sie nimmt. Die Politik ist kein ferner abstrakter Elfenbeinturm. Die Demokratie ist auch nicht das falsche System - es liegt an den Menschen, das System und seine Instrumente richtig zu benutzen.

 

Medien

 

Gleiches gilt für Medien - Das Medium an sich ist zunächst nur ein Vermittler von Informationen. Die Medien "machen" weder Politiker noch Trends. Die Medien haben als Plattform nur so viel Macht, wie wir als Menschen, als Gesellschaft ihnen geben. Und so lang Boulevard-Presse gekauft wird, wird sie existieren. Zurück zum ersten Thema "Trends": Der Boulevard entsteht aus unserem Bedürfnis nach Dramen, nach dem Unglück der anderen. Er wächst auf einem menschlichen Bedürfnis. 

 

Was mir heute Abend mal wieder klar geworden ist: Wir als einzelne Menschen und als Gesellschaft im Ganzen haben in der Hand, wie wir leben, essen, kommunizieren. Die Schuld für unser Unwohlsein auf die anderen zu schieben, greift zu kurz. Aber das einzugestehen, dürfte den meisten immer noch und immer wieder zu unbequem sein.          

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

fairsprechen
Kommunikationsberatung & Öffentlichkeitsarbeit

Nina Galla

Fon: 030- 29 35 24 90

mobil: 0173 - 544 63 63

nina.galla@fair-sprechen.com