Facebook: Der Aufmerksamkeits-Dealer

Eine Social Media Plattform dient ihren Nutzern dazu, sich untereinander zu vernetzen und Inhalte auszutauschen. Facebook bietet diese Funktion zwar auch, sie tritt jedoch mehr und mehr hinter dem höheren Nutzen als Werbeplattform zurück. Unternehmen, einmal angefixt von der Reichweite, die die Plattform bietet, folgen der Werbestrategie von Facebook wie vom Dealer gewünscht.

Zuletzt hat Facebook seinen EdgeRank, also den Algorithmus, der berechnet, wie oft Inhalte im persönlichen Stream des Nutzers angezeigt werden, so verändert, dass Postings von Unternehmen um bis zu 20 Prozent seltener angezeigt werden. Unternehmen, die sich bei Facebook eingerichtet haben, um Reichweite und Fanzahlen zu maximieren, sollen so gezwungen werden, nun in Sponsored Posts investieren, um ihre Kennzahlen weiterhin zu erreichen.

 

Um die Investition für die Unternehmen noch attraktiver zu machen, sorgt eine Kooperation mit dem Datensammler Datalogix dafür, dass in Zukunft messbar sein soll, zu welchem Kauferfolg Facebook-Werbung tatsächlich führt. Ein Argument, das sogar GM wieder milde stimmen könnte, nachdem der Konzern kurz vor dem Börsengang von Facebook die Plattform-Werbung als ineffizient verurteilte. 

 

Der User wird wie immer nicht gefragt, er ist nur das Nutzvieh, das den Hunger der Plattform und der Werbetreibenden stillt.

 

Wie lang geht das noch gut?

Im Vergleich zu der zunehmenden Aufdringlichkeit von Online-Werbung auf Verlagsportalen ist Facebook derzeit noch recht harmlos: Banner legen sich nicht über den Text-Stream, tanzende Videos irritieren nicht am Bildrand und schon gar nicht werden die Posts meiner Freunde durch In-Text-Anzeigen zerschossen (eine der unangenehmsten Werbeformen überhaupt). Der User, der sich einfach nur mit seinen Freunden austauschen will, merkt nicht viel von dem gewerblichen Kampf um Reichweite und Klicks.

 

Führt der neue EdgeRank nun dazu, dass Unternehmen ihre Investitionen noch stärker vom Community Management in Werbung verlagern, leidet der Content. Denn wenn die Reichweite sowieso gekauft ist, warum dann noch mit Userbindung aufhalten?

 

Ich fürchte, dass nicht wenige Unternehmen sich auf den Werbeeffekt verlassen, das "social" in Social Media weiterhin vernachlässigen und so dazu beitragen, dass Facebook noch stärker zu einer Werbeplattform mit User Generated Content- und Sharing-Funktionen verblasst. 

 

Die Strategie lautet immer noch: Social Value

Dabei kann die Strategie, in Social Media erfolgreich zu sein, nur lauten, Austausch mit Nutzern anzustreben, ein Teil der Community zu sein, anstatt sie nur zu melken. Ein Ende der gesamtgesellschaftlichen Trends "demokratische Partizipation" und "Transparenz" ist nicht abzusehen, ich bezweifle, dass sie umkehrbar sind. "Social" im Sinne von "Miteinander" ist der emotionale Mehrwert ("Value"), den Unternehmen ihren Fans und Kunden anbieten können, wenn sie sich nur trauen. Das war und ist die eigentliche Idee des Community Managements. "Storytelling" wie von Coca-Cola und Red Bull betrieben, ist beispielsweise auch ein Weg zu mehr emotionalem Mehrwert.

 

Der monetäre Mehrwert besteht in Angeboten, die dem Kunden einen gewünschten Nutzen bringen, wie beispielsweise Rabatt-Coupons oder frühere Hinweise auf Sonderangebote. Geschickt kombiniert kann die Mischung aus emotionalem und monetärem Mehrwert aus dem Kunden einen Facebook-Fan machen. Immer noch. 

 

Anstatt sich dem Dealer Zuckerberg auszuliefern und nun wie angefixte Ratten von Hameln in die Falle der Aufmerksamkeits-Abhängigkeit zu tappen, könnten Unternehmen sich wieder auf das besinnen, was das Herz von Social Media ausmacht: Beziehungen. Doch leider ist der Wert von Beziehungen immer noch so schlecht messbar und daher aus unternehmerischer Perspektive lediglich ein Nebenprodukt.

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